
Warum „WARUM“ keine gute Frage ist.
- Posted by Ramona Vetter
- Date 13.09.2023
Im Alltag begegnet sie uns oft, die Frage nach dem Warum.
- „Warum hast du deine Schuhe nicht weggeräumt?“ fragen wir die Partnerin/den Partner.
- „Warum hast du in der Schulaufgabe eine 5?“ fragen wir das Kind.
- „Warum schaffe ich es nicht regelmäßig Sport zu machen?“ fragen wir uns selbst.
Und eigentlich ist das auch eine völlig nachvollziehbare Frage, denn wir begeben uns damit auf die Suche nach einer Ursache, nach einem Grund. Warum hat etwas nicht geklappt? Warum ist das so? Jede Antwort darauf führt uns einen Schritt mehr in Richtung Verstehen.
Wer Kinder hat, weiß, dass diese in einer bestimmten Altersphase gefühlt nichts Anderes mehr fragen als WARUM? Sie wollen absolut alles wissen und verstehen, sind nicht mehr zu bremsen in ihrer Neugierde und ihrem Wissensdurst. Anfangs finden Eltern das auch noch spannend und antworten gerne, bis irgendwann eine gewisse Müdigkeit bis Genervtheit einsetzt. Von morgens bis abends Fragen zu beantworten, v.a. Warum-Fragen, ist ziemlich herausfordernd.
Das mag ein Grund dafür sein, dass wir irgendwann kein „Warum?“ mehr hören können. Denn diese Frage lässt sich beliebig oft wiederholen. Es gibt einfach kein Ende bei den Antworten und Kinder können da wirklich einen sehr langen Atem haben.
Aber es spielt auch noch etwas anderes eine Rolle, denn Warum-Fragen lösen ganz oft ein bestimmtes Gefühl in uns aus. Wir fühlen uns so als hätte uns gerade jemand angegriffen. Die Frage „Warum hast du deine Schuhe nicht weggeräumt?“ kommt bei uns ja nicht als liebevoll formulierte Frage an, bei der unser Gegenüber regelrecht gespannt darauf wartet, was wir ihm jetzt gleich antworten werden. Stattdessen schwingt – ob ausgesprochen oder nicht – ein Vorwurf mit. Der kann dann wie folgt klingen:
- „Du hast MAL WIEDER deine Schuhe nicht aufgeräumt!“
- „IMMER muss ich dir ALLES hinterher räumen!“
- „Wie oft muss ich dir das eigentlich NOCH sagen?“
- …
WARUM-Fragen lösen Stress aus.
Was passiert eigentlich, wenn wir uns angegriffen fühlen? Wir geraten in Stress. Und auf Stress reagieren wir Menschen seit jeher auf drei Arten: Kämpfen, Fliehen, Erstarren. Diese Stressreaktionen waren mal überlebenswichtig, denn wenn Menschen in der Steinzeit angegriffen wurden, war es ratsam, dass der Körper in diesen Modus umschaltet und die passendste der drei Strategien wählt. Dass wir nicht mehr in der Steinzeit leben, haben wir kognitiv verstanden. Nichtsdestotrotz reagiert unser Körper immer noch auf dieselbe Weise, wenn wir Stress erleben.
Der Auslöser für den Stress hat sich also geändert, die Reaktion darauf nicht. Und deshalb begegnen wir der Frage, warum wir die Schuhe nicht aufgeräumt haben, unserem jeweiligen Typ und der jeweiligen Situation entsprechend, indem wir
- kämpfen und sagen „Du musst reden. Du lässt ja selbst deine Kleidung immer und überall liegen!“ oder
- fliehen und leise vor uns hingrummelnd den Raum verlassen bzw. alternativ das Thema wechseln oder
- erstarren und einfach gar nicht auf den Vorwurf reagieren.
Mit den richtigen Fragen Veränderung ermöglichen.
Und wie kommen wir bzw. wie kommt unser Coachee da wieder raus? Indem wir nach dem Warum fragen ohne „Warum?“ zu fragen. Und das geht ganz einfach mit verschiedenen systemischen Fragen. Hier mal ein paar Beispiele, wie wir Ursachen ergründen können, ohne das Wort Warum zu benutzen:
- Was glaubst du, hat dazu geführt, dass…?
- Wie ist dir das gelungen, dass du dieses Problem hast?
- Was müsste ich dafür tun oder denken, wenn ich dieses Problem auch haben möchte?
Wenn du also mal wieder in einem Problem feststeckst, vielleicht magst du die drei Fragen oben für dich beantworten. Wir sind sicher, dass auch du interessante Erkenntnisse daraus mitnehmen wirst.
Du hast noch Fragen zu diesem Beitrag? Dann schreib uns einfach an kontakt@kjfc-coaching-akademie.de.
Schön, dass du da bist!
Walther und Ramona

P.S.: Du würdest auch gerne richtig gute Fragen stellen können, um Menschen bei ihren Themen zu begleiten? Dann ist vielleicht unsere Ausbildung zum Systemischen Kinder-, Jugend- und Familiencoach genau das Richtige. Der nächste Lehrgang startet im Februar 2024 und wir haben aktuell noch Plätze zu vergeben. Hier findest du mehr Infos zur Ausbildung und zur Anmeldung.